Freitag, 10. Oktober 2014

A voice from the dungeons...

Das aktive Wintersemester ist gerade mal eine Woche alt und schon ist das erste Viertel des OC*-Praktikums bewältigt:Im herrlich verranzten Chemisten-Bunker darf ich mich bis Ende Oktober 8 Wochenstunden inmitten von mehr oder weniger giftigen, ätzenden, brennbaren oder explosiven Substanzen betätigen. Irgendwie sind Chemiker ja so ein ganz eigenes Völkchen: Sie schreiben mit leuchtenden Augen ihre Strukturformeln und Reaktionsgleichungen nach wie vor mit Kreide an die Tafel (nix von wegen Laptop und Beamer), die Labore, zumindest die für die Gefangenen Gäste aus anderen Fachbereichen sind, - natürlich- im Keller. Und es hat alles so einen leicht spelunkenhaften Touch, alt, abgenutzt, ein bisschen schmuddelig...irgendwie ... gemütlich.:-D

Heute war mir dann beim Anmischen von 20%-iger Schwefelsäure aus konzentrierter Schwefelsäure und Wasser auch mal der Merksatz von Nutzen, den mir mein Vater schon in frühester Kindheit beigebracht hat (Aufgepasst liebe Kinder! :-D): "Erst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure."
Man weiss es ja eigentlich, aber verwechsel es dann doch leicht und steht, wenns drauf ankommt dann plötzlich vor der Frage, Wie rum war das jetzt nochmal?! Da sind solche Eselsbrücken schon hilfreich.
Jetzt habe ich noch 3 Wochen und 6 Experimente vor mir. *Kettenrasselnd entschwindet*


*OC= Organische Chemie

Samstag, 30. August 2014

Der Wildschwein - Unterkiefer: des Rätsels Lösung

Vor ziemlich genau zwei Jahren hatte ich im Wald einen Wildschwein - Unterkiefer gefunden. Ich habe hier schon darüber erzählt.

Nun blieb ja noch das Rätsel um den unpassenden Zahnstatus zu lösen. In Verbindung mit der geringen Größe des Kiefers lag die Vermutung nahe, daß ich es hier mit einem Jungtier zu tun und in dem Gebiss ein vollständiges oder im Wechsel begriffenes Milchgebiss vor mir habe.
Stellte sich natürlich als nächstes die Frage, wie und wann denn bei Wildschweinen der Zahnwechsel vor sich geht und ob sich hier anhand des Zahnwechsels genauso gut das Alter bestimmen lässt, wie zum Beispiel beim Menschen? Was gleich weiter zur Frage führt, wie alt das Tier zum Zeitpunkt des Todes gewesen sein könnte.
Außerdem, wie stehts eigentlich mit der Möglichkeit anhand der Zähne Rückschlüsse auf das Geschlecht zu ziehen?

Um die Fragen zu beantworten fehlten mir natürlich Informationen also habe ich recherchiert und fand die Dissertation von Steffi Wittmann aus dem Jahr 2004, die sich mit der Altersbeurteilung bei Wildschweinen mit Hilfe von Merkmalen an den Zähnen beschäftigt.
Obwohl sich die Arbeit schwerpunktmäßig mit der Altersbestimmung anhand von Abrasion und Zahngrössen bei Tieren die älter als zwei Jahre sind, beschäftigt, geht sie auch auf den Zahnwechsel ein. Auf Basis der dort zusammengefassten Informationen habe ich nun meinen Unterkiefer nochmal genauer unter die Lupe genommen.

Allgemein zum Zahnwechsel bei Wildschweinen gibt Wittmann unter Bezugnahme auf diverse andere Autoren an, daß das vollständige Milchgebiss eines Wildschweins insgesamt 28 Zähne hat und im Alter von 3,5 Monaten vollständig vorhanden ist.

Zahnformel Milchgebiss: 3I 1C 3P pro Kieferhälfte oben wie unten..

Das bleibende Gebiss wird mit 44 Zähnen mit der Zahnformel 3I 1C 4P 3M pro Kieferhälfte oben wie unten beschrieben, wobei die C bei Keilern deutlich größer sind, als bei Bachen.(von Ausnahmen und Fehlbildungen mal abgesehen). (sagt z.B. auch der berühmte Brohmer)

Wittmann fasst den Ablauf des Zahnwechsels folgendermassen zusammen:

*4-6 Monate / 6-8 Monate (je nach Quelle):
Durchbruch von M1

* 6-7 Monate: Durchbruch von P1
(es ist also so, daß P2 - P4 als Milchzähne vorhanden sind und später durch bleibende Prämolare ersetzt werden, während P1 erst als Teil des bleibenden Gebisses auftaucht)

*10 Monate: Ersatz der Milcheckzähne (C)

*12 - 14 Monate: Durchbruch von M2

...
Ich erspare mir jetzt mal den Rest, weil das meinen Kiefer nicht mehr betrifft, wie wir gleich sehen werden. Kann man ja bei Interesse im Original nachlesen.
Abgeschlossen ist der Zahnwechsel laut Wittmann dann jedenfalls mit ungefähr 27 Monaten und ab da wird eine Altersschätzung schwieriger, während sie bei Tieren bis 2 Jahren die Altersschätzung aufgrund des Zahnwechsels als zuverlässige Methode beschreibt.
Soweit zum Quellenstudium.


Mandibula_uebersicht
Der Unterkiefer im Überblick


Mein Unterkiefer hatte ursprünglich insgesamt 18 Zähne.
Beide I1 sind jetzt noch vorhanden.
I1, I2, I3 und C müssen zum Todeszeitpunkt voll ausgeprägt vorhanden gewesen sein. (Weiss ich, weil ich I2 und I3 selber verbummelt habe.) Die Schneidezähne lagen um den Kiefer am Fundort verstreut und passten perfekt an ihre Plätze.
Die C fehlten beim Auffinden. Weil die Alveolen aber genauso tief und scharfkantig wie die der I sind, dürften auch diese Zähne erst nach dem Tod verloren gegangen sein. Die Milcheckzähne waren, der Größe der Alvoelen nach zu urteilen, eher klein.
Mandibula-Zaehne
Die Zähne mit Beschriftung, (M2) zeigt die Öffnung die bereits für den Durchbruch von M2 vorgesehen gewesen war.

P1 ist im Durchbruch begriffen.

Mandibula-P1
Hier sieht man P1 und wie knapp er aus dem Kiefer ragt. Man kann hier auch gut erkennen, wie klein das Zahnfach von C ist.


P2,3 und4 vorhanden und M1 vollständig durchgebrochen.
Im Anschluss an M1 hat der Kiefer beidseitig je eine schlitzförmige Öffnung von ca. 7 mm Länge und 1,5 mm Breite, - die Öffnungen, durch die sich die M2 als nächstes auf den Weg nach draussen gemacht hätten.
Durch ein durch Tierfrass entstandenes Loch, etwa 1,5 cm unterhalb dieser Öffnung auf der linken Kieferseite sieht man zwei Zahnkeime im Kiefer liegen, - offensichtlich die Keime der M2 und M3.

Anhand der vorliegenden Infos interpretiere ich meinen Unterkiefer folgendermaßen:


1. Der Unterkiefer hat bzw. hatte zum Todeszeitpunkt 18 Zähne. Zählt man alle vorhanden gewesenen Zähne plus die 4 noch im Kiefer liegenden Zahnkeime zusammen kommt man auf 22 Zähne im Unterkiefer, was der Zahnformel 3I 1C 4P 3M für ein ausgewachsenes Wildschwein entspricht. Das bestätigt, daß es sich um einen Wildschwein-Unterkiefer handelt (und haut die ohnehin abstruse Hypothese des Försters, daß der Überrest vom Rotwild stammt entgültig vom Tisch)


2. Der Unterkiefer hatte zum Todeszeitpunkt 18 Zähne, -es ist also noch kein Erwachsenengebiss aber auch kein reines Milchgebiss mehr.Das passt auch zur geringen Größe des Knochens.

3. M1 ist vollständig durchgebrochen,- das Tier war mindestens 4 bzw. 6 Monate alt.

4. P1 ist im Durchbruch begriffen, - das Tier war also mindestens 6 Monate alt.

5. Der P1 ist geradeso zu sehen und dürfte im Leben kaum durchs Zahnfleisch geguckt haben.
Die Alveolen der C lassen auf kleine Eckzähne schließen. Von aussen gibts keine Anzeichen, daß die bleibenden Canini irgendwie im Anmarsch gewesen sein könnten. Das Tier war also deutlich jünger, als 10 Monate und sowohl C als auch die I und P2 bis P4 müssen demnach noch Milchzähne sein.
Mein Tip: Das Tier könnte zwischen 6 und 8 Monate alt gewesen sein.

6. Zum Geschlecht: Ja, die C sehen klein aus. Aber macht sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern schon so früh bemerkbar? Da fehlt mir der Vergleich und ich weiss zu wenig. Da werde ich noch weiter recherchieren müssen.
Soweit erstmal bis dahin.


**Alveolen = Zahnfächer
Abkürzungen:
I= Incisivi (Schneidezähne)
P= Premolares (Vor - Mahlzähne)
M= Molares (Mahlzähne)

Angeregte Unterhaltung

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Du solltest bei den Soßen die Schwefelsäure weglassen....
Lu Ping - 3. Nov, 23:11
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Zia - 3. Nov, 14:48
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